Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich

Gleiche Rechte – kulturelle Partizipation – Sichtbarmachung

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Vorschlag für Statutenänderung: Ritus

5 März 2013 · 15 Kommentare

Auch im Hinblick auf Formulierungen zum Ritus möchten wir alle Mitglieder (und andere Interessierte) herzlich einladen: bitte lest euch unsere Vorschläge durch (Änderungen gegenüber der derzeit geltenden Fassung durch Fettdruck hervorgehoben) und macht von der Möglichkeit Gebrauch, sie zu kommentieren — wir sind schon sehr gespannt auf eure Ideen!

Nach derzeitiger Rechtslage werden in staatlichen Versorgungszusammenhängen religiöse Ernährungsgebote in einer Reihe von Fällen ganz konkret berücksichtigt. So nimmt zum Beispiel der § 2 der Verpflegungsverordnung (“Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Vorsorge über die angemessene Verpflegung von Zivildienstleistenden”, BGBl. II Nr. 43/2006 idF BGBl. II Nr. 37/2009) auf religiöse Regelungen besondere Rücksicht: “[…] Auf ärztliche Anordnungen oder religiöse Gebote ist Bedacht zu nehmen.” Ähnliches gilt auch für Präsenzdienstleistende im Bundesheer, soferne sie zeitgerecht eine entsprechende Bestätigung der jeweiligen staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft vorlegen.

Ein neuer § 2 Absatz 3 der Statuten könnte folgendermaßen lauten:

(3) Wir sind uns bewusst, dass das derzeit geltende staatliche Religionsrecht besondere Möglichkeiten der Gestaltung und rechtlichen Berücksichtigung von religiösen Ritualen und Riten bietet. In diesem Zusammenhang glauben und wollen wir auch, dass es jedem Mitglied
(a) auf eigenen Wunsch hin möglich sein soll, vegetarisch zu leben (vegetarischer Ritus), und
(b) auf eigenen Wunsch hin möglich sein soll, vegan zu leben (veganer Ritus).

Ein neuer § 3 Absatz 3 der Statuten könnte folgendermaßen lauten:

(3) Mitglieder, die sich persönlich für ein Leben
gemäß einem der in § 2 Absatz 3 genannten Riten entschieden haben, sind bis zu dem Zeitpunkt, mit dem sie diese Entscheidung zurücknehmen, an den gewählten Ritus gebunden. Sie haben das Recht, darüber eine entsprechende schriftliche Bestätigung zu erhalten.

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15 responses so far ↓

  • 1 Roland Giersig // Mrz 5, 2013 at 10:12

    Finde ich gut, ist aber noch nicht anarchistisch genug. :-)

    Der Punkt ist ja, dass durch diese gesetzlichen Begünstigungen ein Teil der Gesetzgebungsmacht in extrene Hände gelegt wird, die ohne Kontrolle darüber verfügen können.

    Wir brauchen daher unbedingt noch ein weiteres Ritual §2 Abs 3 c), das Sektfrühstück ans Bett, ein 4-Gänge-Menü mittags und abends und ein Tortenbuffet zum Kaffee vorschreibt!

    Aber damit das nicht zu offensichtlich ist, würde ich die Punkte §2 Abs 3 a) und b) zusammenfassen und allgemeiner halten. §2 Abs 3 Zweiter Satz sollte daher lauten:

    In diesem Zusammenhang glauben und wollen wir auch, dass es jedem Mitglied auf eigenen Wunsch hin möglich sein soll, nach eigenem Ritus zu leben (vegetarischer Ritus, veganer Ritus, etc.)

    Und §3 Abs 3:

    Mitglieder, die sich persönlich für ein Leben
    nach einem nach in § 2 Absatz 3 definierten Ritus entschieden haben, sind bis zu dem Zeitpunkt, mit dem sie diese Entscheidung zurücknehmen, an den gewählten Ritus gebunden. Sie haben das Recht, über ihren gewählten Ritus eine entsprechende schriftliche Bestätigung zu erhalten.

    Ich freue mich schon auf das Lachen der VfGH-Richter, wenn das zum ersten Mal eingeklagt wird… :-)

  • 2 hermann Geyer // Mrz 6, 2013 at 10:37

    Die Wahrnehmung unserer ethischen Selbstverpflichtung in Bezug auf unsere transzendenten Ideale erfolgt vorzugsweise unter Anwendung eigenständigen Denkens zur kritischen Reflexion gemachter Erfahrungen sowie unter Setzung vernunftgeleiteter Handlungen.
    (Anmerkung: das ist eine klare Abgrenzung gegen jedes unvernünftig-gläubige religiöse Brimborium)

  • 3 hermann Geyer // Mrz 6, 2013 at 15:43

    Damit es auch von außen wahrnehmbare rituelle Handlungen gibt:
    Zum Ritus gehört auch, die angewendeten Methoden (vernünftiges Denken …) gelegentlich (z.B. verbal) zu thematisieren.
    Ethische Aufgabe dabei ist, das rechte Maß einer solchen Thematisierung zu finden.

  • 4 Janin Figuli-Matyus // Mrz 7, 2013 at 19:55

    Mir stößt ja sauer auf, dass es möglich ist, dass Gegenstände, die “heilig” sind, wie Altäre, nicht gepfändet werden können. Mein Vorschlag deshalb: Jeder, nennt bei seinem Eintritt einen ihm wichtigen Gegenstand, der schriftlich notiert wird und natürlich jederzeit geändert werden kann. Dieser ist dann vor Pfändung geschützt. Das wäre ein Aufnahmeritual und kommt noch dazu allen Mitgliedern zugute.

  • 5 hermann Geyer // Mrz 8, 2013 at 19:53

    Mythos: (falls da noch was nötig ist)
    Wir glauben, dass seit Inkrafttreten des Bekenntnisgemeinschaftsgesetzes nicht nur ein einziger Mensch die Idee zur Gründung einer atheistisch ausgerichteten religiösen Bekenntnisgemeinschaft hatte. Die Idee lag nach unserem Glauben gewissermaßen “in der Luft”.

  • 6 Martin Barta // Mrz 13, 2013 at 08:37

    Apropos Verpflegungsverordnung: Besonders in Bezug auf Präsenzdienstleistende wäre die Aufnahme eines speziellen GWD-Ritus zu überdenken der sich folgendermaßen zusammensetzen könnte:
    – Frühstück: grundsätzlich aus frei wählbaren Speisen bestehend, jedoch müssen täglich 3 sich in einem Zeitraum von 4 Wochen nicht wiederholende Früchte tadelloser Qualität eingenommen werden. Dies muß in der ursprünglichen Form der Frucht geschehen (nein, Saft oder Konzentrat sind böse).
    – Mittagessen: muß stets in einem klimatisierbaren Gebäude eingenommen werden
    – Abendessen: eine noch zu definierende Abfolge von Kalbslungenbraten, fangfrischem Meeresfisch, Austern, Wachteleiern, Gänseleberpastete begleitet von Wein höchster Qualität
    Selbstverständlich erfolgt die Einnahme von Speisen in einer der Wichtigkeit der Tätigkeit entsprechend gestalteten Umgebung. Unbedingt dafür notwendig sind Tischdecke, Stoffservietten, Silberbesteck und Gläser.

  • 7 Clemens // Mrz 22, 2013 at 10:14

    Finde auch, daß man als Religion durchaus seine Riten braucht oder sie einem wenigstens nicht verwehrt werden sollten, wenn man denn welche will. Ich selbst kann von meinem (eher kurzen, weil ich dann plötzlich noch für untauglich befunden wurde) Zivildienst nur Gutes berichten, ich durfte das Geld fürs Essen behalten und wurde zusätzlich formlos vegan bekocht und durchgefüttert, Aber das Glück ist freilich nicht jedem beschieden. Daher—unbedingt ins Statut, über die genaue Festlegung und Form kann man ja noch reden.

  • 8 Rick // Apr 21, 2013 at 20:33

    Ich kann mich nur mehr oder weniger dem ersten Kommentar von Roland anschließen. Es wäre schön wenn die Formulierung hier keine Details festlegt. (Ich hätte schon gerne meine Anti-Vegetarische Ansicht, “In keiner Mahlzeit darf das Fleisch fehlen”, untergebracht…)
    Die Frage ist aber grundlegend wie sehr wir hier den Versuch starten wollen das Thema gewissermaßen lächerlich zu machen (und damit hoffentlich den Staat irgendwann dazu zu bewegen alle religiösen Hinweise aus den Gesetzen zu verbannen…) bzw. wie sehr wir das bewußt sein lassen…

  • 9 Roland Giersig // Mai 15, 2013 at 10:52

    Wenn wir jetzt schon in den Statuten festlegen, dass es unser glaube ist, dass die Menschen sich ihre Gottheiten erschaffen, dann sollten wir bezüglich des Ritus auch festlegen, dass sich Menschen auch ihren eigenen Ritus erschaffen. Daher sollte jedes Mitglied die Möglichkeit haben, den eigenen Ritus festzulegen, wozu auch geheiligte (und daher geschützte) Gegenstände gehören. Allerdings sollten die Statuten auch einen harmlosen Default-Ritus vor geben, quasi als Ablenkung, damit das Loch, das wir damit in die Rechtsordnung reissen, nicht sofort erkannt wird… ;-)

  • 10 Harald // Mai 15, 2013 at 15:23

    - Bzgl. Ritus: Vegan ist automatisch auch vegetarisch. Ersteres zu erwähnen würde also genügen. Wie kam es eigentlich dazu, dass das hier Eingang gefunden hat?

    – Bzgl. Mythos: Den Vorschlag von hermann Geyer (8.3.) finde ich gut.

  • 11 Wilfried Apfalter // Mai 15, 2013 at 15:54

    @Harald (15. Mai 2013, 15:23):
    Zu deiner Ritus-Frage: Ja, vegan ist automatisch auch vegetarisch, aber vegetarisch ist nicht automatisch auch vegan. Wir haben diesen Ritus-Punkt hier vorgeschlagen, weil er Mitgliedern, die vegetarisch bzw. vegan leben wollen, einen ethisch eher unbedenklichen unmittelbaren rechtlichen “Vorteil/Benefit” ihrer Mitgliedschaft bietet (vgl. die Hinweise auf die Verpflegungsverordnung etc.). Historisch betrachtet ist es auch der erste derartige “Vorteil/Benefit”, der uns eingefallen ist. ;-)

  • 12 Harald // Mai 15, 2013 at 16:12

    @Wilfried Apfalter (15.5.):

    Sehr interessant. Als Veganer finde ich Vegetarismus zwar nicht “ethisch unbedenklich”, aber diese Diskussion will ich hier wirklich nicht entfachen ;)

    Da ich in Graz wohne bekomme ich vieles was die ARG betrifft nicht mit und die Newsletter lese ich auch nicht immer. Vielleicht wäre eine Online-Plattform (Liquid Democracy oder ein Forum) im Stande bundesweit mehr InteressentInnen anzulocken bzw. diesen die Mitarbeit zu erleichtern.

    Viel Spaß beim Flanieren im Schönbrunner Schlosspark morgen.

  • 13 Wilfried Apfalter // Mai 15, 2013 at 16:44

    @Harald (15. Mai 2013, 16:12):
    Mein “ethisch eher unbedenklich” hat sich auf den rechtlichen “Vorteil/Benefit” bezogen! ;-)

  • 14 Siegi Müller // Sep 8, 2014 at 14:36

    Vegetarisch oder Vegan zu leben, ist als Ritus vorläufig völlig ausreichend, denke ich, da wir auch nach der Eintragung als religiöse Glaubensgemeinschaft, beliebige Riten den Statuten hinzufügen können. Wobei das Wort Ritus nicht überbewertet werden soll, da nur für die rechtliche Situation notwendig. Der “Ritus”, sich regelmäßig z.B. am runden Tisch zu treffen oder der Vorschlag von Harald mit dem Forum, zielt auch dahin, um gemeinsam Erfahrungen auszutauschen, Anregungen zu geben und sich dadurch als Gemeinschaft mit gesundem Menschenverstand weiter zu entwickeln.

  • 15 Siegi Müller // Sep 8, 2014 at 14:40

    Die Beiträge hier sind auch nicht die neuesten, es sollte doch möglich sein auch hier über alles mögliche zu kommunizieren.